So haben wir das Einhorn verloren 🦄 – Teil 3 der Kein-Einhorn-Saga

FOMO flüstert — doch JOMO geht seinen Weg

Disclaimer: Disclaimer: Diese Geschichte ist ein fiktionales Werk, erzählt in der fantasievollen Stimme von Weirdolight. Jede Ähnlichkeit mit realen Arbeitsplätzen, Menschen oder Momenten stiller Frustration ist so absichtlich wie das Funkeln eines Sterns in der Nacht.

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Hallo, ihr wundervollen Weirdos! 🌟

Dies ist die Geschichte von Lucien und davon, wie Hingabe sich in den Fäden der Zusammenarbeit verheddern kann. Von den subtilen Fallen, in die wir tappen, wenn Fürsorge mit Kontrolle verwechselt wird. Und von den leisen Momenten, in denen Freude bedeutet, zu wählen, was wir zurücklassen.

Definitionen

Um diesen kleinen Ausflug zu begleiten, flĂĽstern wir euch zwei magische Worte zu, die den Weg durch diese Geschichte erhellen werden:

  • FOMO (Fear of Missing Out): Das ängstliche GefĂĽhl, etwas lohnenswertes zu verpassen – was zu Ăśberforderung, Ablenkung und Stress fĂĽhrt.
  • JOMO (Joy of Missing Out): Die friedliche Zufriedenheit, bewusst zu wählen, was einem am wichtigsten ist, und durch das Loslassen von Ablenkungen und unnötigen Verpflichtungen Fokus und Freiheit zu gewinnen.

Tritt leise ein, die Magie beginnt hier.

So haben wir das Einhorn verloren 🦄

FOMO flüstert — doch JOMO geht seinen Weg

Lucien kannte jede Ecke dieses Ortes.

Damals, als es noch ein echtes Startup war. Als die Eismaschine gebraucht war und die Fitnessgeräte das waren, was sie gerade günstig bekommen konnten. Die Proteinshakes schmeckten früher nach Kreide, doch die Leute tranken sie aus echter Hingabe.

Lucien fĂĽhlte sich hier vollkommen frei.

Nicht im Sinne von „Mach, was du willst“, sondern so, dass er sich mit ganzem Herzen, voller Absicht und ohne Reibung einer Sache widmen konnte, an die er glaubte. Die Fitnesskette war einmal ein kleines, kämpferisches Startup gewesen, angetrieben von Sinn und Zweck. Es ging nicht nur um Fitness oder das charakteristische proteinreiche Eis – sie bauten etwas auf, das menschlich, bedeutsam und lebendig war.

Dann kamen der Aufschwung. Die Investoren. Das Wachstum.

Jetzt hatte die Kette fünfzig Standorte, einen Bericht zum CO₂-Fußabdruck, und eine Eiskarte mit saisonalen Sorten wie Charcoal Cherry und Salted Spirulina Swell. Die Verpackungen waren biologisch abbaubar, die Schriftarten schweizerisch, und die Wände waren still geworden.

Nicht still wie Frieden.

Still wie Kompromiss.

Alles fĂĽhlte sich an wie eine aufgefĂĽhrte Vorstellung.

Und der Hauptdarsteller war Elliot.


Als Elliot ins Unternehmen kam, stellte er sich mit einem digitalen Whiteboard vor. Farblich codierte Rahmen. Schlagworte, die scharf hervortraten.

Lucien machte sich Notizen, während Elliot den Kickoff abhielt wie die Keynote eines Motivationscoach-Bootcamps. Es gab Diagramme. Rhythmen. Kulturelle Anker.

Am Ende wusste Lucien immer noch nicht, was Elliot eigentlich tat.

Doch mit der Zeit fand er es heraus.


Elliot war nicht inkompetent. Das wäre einfacher gewesen. Er war intelligent, kontaktfreudig und voller Begeisterung für agile Methoden und Teamrituale. Doch unter der glänzenden Oberfläche fühlte sich etwas verkehrt an: Er nutzte Zusammenarbeit als Waffe, um Verantwortung zu umgehen.

Lucien brauchte Elliots Input, um voranzukommen. Aufgaben liefen über ihn, Anforderungen, Feedback, Freigaben. Die Strategie wurde nicht von Elliot gemacht – das tat das Management – aber Lucien musste alles über ihn weiterreichen. Der Prozess sollte kollaborativ sein. Effizient. Doch nach jedem Gespräch mit Elliot fühlte sich Lucien eher erschöpft als abgestimmt.

Elliot machte aus jeder Übergabe eine Comedy-Show. Witze, Abschweifungen, philosophische Gedanken über die Seele des Eis-Brandings. Was zwei Minuten hätte dauern sollen, zog sich auf zwanzig Minuten mit Lächeln und Rückziehern. Und trotzdem klagte Elliot ständig: „Ich habe zu viel auf dem Teller. Ich ersaufe in Arbeit.“

Aber wenn Lucien versuchte, zu helfen und Dinge selbst voranzubringen, wehrte Elliot sich:

„Das ist mein Bereich. Du trittst mir auf die Füße, als würdest du mir nicht vertrauen, meinen Job zu machen.“

Lucien blinzelte. „Du hast gesagt, du bist überlastet.“

„Ja, aber ich bin trotzdem verantwortlich.“

„Willst du also Hilfe oder nicht?“

„Ich will, dass wir besser zusammenarbeiten.“

Was Elliot meinte, war: Ich will als wichtig wahrgenommen werden. Aber ich will nicht fĂĽr das Ergebnis verantwortlich sein, falls etwas schiefgeht oder ich keine Lust mehr habe.

Lucien versuchte zu verstehen, doch mit der Zeit wurde ein Muster klar: Elliot wollte nicht ersetzbar sein. Er wollte in jedem Raum die Stimme sein, derjenige mit zu viel auf dem Teller, denn so klingen „wichtige“ Menschen. Also schuf er gerade so viel Chaos, dass er unverzichtbar blieb.

Doch der Preis war Klarheit. Und Schwung. Und Vertrauen.


Diese Spannung lastete wie ein Felsbrocken auf Luciens Schultern.

Er versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren – auf das große Ganze. Sie erschufen etwas Besonderes: ein Fitnesserlebnis, das Bewegung, Ernährung, Nachhaltigkeit und Stil verband. Die Marke hatte Herz. Er wollte sich ihr hingeben. Sie besser machen. Reiner. Schärfer.

Aber Elliot machte es unmöglich.

Lucien konnte seinen Job nicht machen, ohne jemanden zu betreuen, der den Fortschritt im Namen der Zusammenarbeit sabotierte.

Elliot bestand darauf, über jede Entscheidung abzustimmen. Jeden Geschmacksnamen. Sogar Farbcodes. „Das ist der agile Weg“, sagte er grinsend.

Lucien platzte schließlich der Kragen. „Agil heißt nicht Rathausversammlung. Es geht darum, das zu machen, was funktioniert und Ergebnisse liefert.“

Doch Elliot blieb stur. „Wir müssen jede Stimme einbeziehen.“

Lucien dachte: Wenn alle Recht haben, fĂĽhrt eigentlich niemand wirklich.


Lucien begann sich gefangen zu fĂĽhlen.

Er konnte nicht mehr schnell vorankommen. Nicht mehr fokussieren. Nicht einmal richtig engagieren, ohne auf eine weitere Verzögerung zu stoßen, die als Diplomatie getarnt war. Seine Arbeit kam ins Stocken. Seine Aufmerksamkeit zerstreute sich. Und am schlimmsten: Seine Hingabe – seine Freiheit, sich wirklich zu kümmern – wurde begraben unter Prozessen, die niemandem dienten, außer der Illusion von Wichtigkeit der Person, die eigentlich an ihrem zerbrechlichen Selbstwert und Ego arbeiten sollte.

Gefangen in Zyklen aus falschem Konsens, gefangen in höflichen Gesprächen, die nie zum Punkt kamen, gefangen darin, um Elliot herumzuarbeiten, um überhaupt etwas zu schaffen. Es war nicht die Arbeitslast, die ihn zermürbte. Es war die Tatsache, dass er sich der Arbeit nicht mehr vollständig hingeben konnte.

Und so haben wir ihn verloren.

Weil Lucien an Hingabe glaubte.

Nicht im altmodischen Sinne von Opfer oder blinder Loyalität – sondern im kraftvollen, befreienden Sinn: zu wählen, was einem wichtig ist, und sich dann die Erlaubnis zu geben, ganz dafür einzustehen. Hingabe ist Freiheit – nicht ihr Gegenteil. Freiheit heißt nicht, jederzeit alle Optionen offen zu haben. Es bedeutet zu wissen, was am meisten zählt, und den Raum zu haben, das ohne Entschuldigung zu verfolgen.

Aber Elliot hatte jeden Moment in eine subtile FOMO-Falle verwandelt:

„Lass uns das Team abstimmen lassen.“

„Lass uns noch nicht entscheiden.“

„Lass uns flexibel bleiben.“

Das klang inklusiv, agil, frei. Doch es war nur Vermeidung, verpackt in Zusammenarbeit.

Das Problem war nicht, dass Lucien zu viel Kontrolle wollte. Sondern dass er nicht mehr vorwärtskam, ohne jeden Schritt jemandem zu rechtfertigen, der mehr daran interessiert war, als Mitwirkender wahrgenommen zu werden, als tatsächlich etwas beizutragen.

Elliots Verhalten flüsterte dem Team ständig FOMO ein:
„Was, wenn wir etwas verpassen? Was, wenn es später zu viel Arbeit wird? Was, wenn wir zu schnell handeln? Was, wenn wir die falsche Entscheidung treffen? Was, wenn ich bei der Entscheidung nicht dabei bin?“

Für Lucien war klar: Diese Art von Angst schafft Lähmung. Hingabe hingegen bedeutet, Nein zu Ablenkungen zu sagen. Es heißt, auf alles zu verzichten, was nicht zählt, um sich voll und ganz dem zu widmen, was zählt.

Das ist JOMO. Die Freude am Verzichten.


Und dann, wie ein leises Klicken, veränderte sich etwas.

Juniper kam zurĂĽck.

Das Einhorn mit Kopftuch trat ins BĂĽro wie ein sanftes Echo aus einer anderen Zeit. Noch immer eingehĂĽllt in das unverwechselbare Kopftuch. MintfgrĂĽn mit aufgestickten Sternen. Noch immer mit jedem Schritt im eigenen sanften Rhythmus.

Lucien blinzelte ungläubig. „Du?“

Juniper nickte. „Du auch?“

„Ja. Vorerst.“

Sie setzten sich zusammen zum Mittagessen. Sprachen über alles und nichts. Und als Juniper schließlich fragte: „Wie ist es wirklich?“, atmete Lucien aus wie eine undichte Leitung.

„Es ist ein Labyrinth“, sagte er. „Ich kann nicht tun, wofür ich hierhergekommen bin. Jedes Mal, wenn ich versuche, voranzukommen, stoße ich auf Elliot. Wenn ich nicht helfe, verzögert er alles. Wenn ich helfe, schmollt er. Es ist, als hätte man einen Kollegen, der den Titel, das Mitgefühl und das Rampenlicht will – aber nicht die Verantwortung.“

Juniper nickte nur.

„Manchmal“, fuhr Lucien fort, „denke ich, er hat Angst, dass die Leute merken, wie schnell ich seinen Job eigentlich machen könnte. Aber er bremst alles aus, um seine Rolle zu schützen. Und dabei tötet er genau das, was ich hier aufbauen wollte.“

Juniper starrte auf die schmelzende Kugel Ginger Citrus Glow in der Waffel.

„Klingt, als wĂĽrde deine Hingabe von jemand anderes‘ Angst erstickt werden.“

Lucien flüsterte: „Genau.“


An dem Tag, an dem Lucien ging, kĂĽndigte er es nicht an.

Er schob eine Notiz in den Teamraum.

Darauf stand:

Du kannst nicht frei sein, wenn du Angst hast dich zu kĂĽmmern.
Du kannst nicht hingebungsvoll sein, wenn du fĂĽrchtest, etwas zu verpassen.
Wahre Freiheit heißt nicht, jede Tür offen zu halten — sondern mutig durch eine zu gehen und die anderen zu schließen.
FOMO flüstert — aber JOMO geht einfach weiter.

Niemand sah ihn gehen.

Doch Juniper fand die Notiz. Sie las sie zweimal.

Jemand fragte: „Warum ist er gegangen?“

Juniper dachte kurz nach und antwortete dann:

„Er hat uns nicht verlassen.
Er hat nur aufgehört, darauf zu warten, dass wir ihn einholen.“

Worum geht es in dieser Geschichte wirklich?

Auf den ersten Blick mag es wie ein Drama am Arbeitsplatz wirken — Meetings, Eiscreme und versteckte Spannungen.

Doch hör genau hin: Es ist eine Meditation über Freiheit — jene Freiheit, die nicht aus unendlichen Möglichkeiten entsteht, sondern aus dem Mut, Nein zu sagen. Über Hingabe — nicht als Opfer, sondern als bewusste Entscheidung, sich ganz dem hinzugeben, was wirklich zählt.

Es geht um den Preis von Lärm, der sich als Zusammenarbeit tarnt, und den Frieden, der sich einstellt, wenn wir dem Flüstern des FOMO einfach den Rücken kehren.

Und vielleicht geht auch es darum, den Raum zurückzuerobern, in dem Leidenschaft und Freiheit wieder atmen können — wo die Freude am Verpassen das Tor zu dem ist, was uns wirklich entfacht.

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~ Weirdolight

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