Warum es (bei uns) keine Einhörner gibt 🦄 – Teil 1 der Kein-Einhorn-Saga

Hallo, Weirdos! 🌟

Da ist eine Geschichte, die ich schon lange mit euch teilen will. Sie spukt mir schon eine ganze Weile im Kopf herum. Es geht um Einhörner – oder… etwa doch nicht? 😉

Auf den ersten Blick wirkt sie verspielt und märchenhaft. Aber wenn du zwischen den Zeilen liest, entdeckst du vielleicht etwas Tieferes. Was passiert, wenn wir versuchen, das Seltene, das Schöne oder das Einzigartige zu kontrollieren – aus Angst, aus dem Wunsch nach Sicherheit, aus Bequemlichkeit? Und was sagt das über uns aus?

Bereit? Dann lies weiter – und lass dich mitnehmen…

Warum es (bei uns) keine Einhörner gibt

Weil Gefühle weh tun können – und Hörner erst recht

Es gibt einen Ort, an dem Einhörner sicher aufwachsen.

Softlight Kindergarten Nr. 7 liegt versteckt hinter lavendelfarbenen Toren, direkt neben einem glutenfreien Cupcake-Laden und einem traumasensiblen Yogastudio. Es riecht dort ein wenig nach Melisse – und nach unvergossenen Tränen. Die Böden sind weich gepolstert, die Wände bemalt mit beruhigenden Wolken und motivierenden Sprüchen wie: „Every Sparkle Matters!“ oder „Deine Sanftheit ist deine Stärke.“

Die Einhörner leben in Gemeinschaftsställen, jedes in seiner eigenen, seidenweich ausgepolsterten Ecke, samt emotional support Kuscheltier. In Softlight beginnt jeder Tag mit einer geführten Atemübung (breathwork) – und endet mit einem sanften Bürsten der Mähne. Lange, dichte Ponys? Absolut erwünscht – vor allem, wenn das Horn langsam durchkommt.

Denn Hörner sind, nun ja… ein bisschen problematisch.

Nicht, weil die Einhörner böse wären. Ganz und gar nicht. Hörner sind einfach – spitz, hart, schwer zu kontrollieren. Und niemand will nochmal so etwas erleben wie den Vorfall in Stall 3, als ein Horn mitten durch das Entspannungs-Wandbild gestoßen wurde.

Also stehen die Einhörner jeden Dienstag und Freitag brav an, in der Fürsorge-Abteilung, zur planmäßigen „Sanften Horn-Neukalibrierung“. Es wird gefeilt – nur mit weichen Feilen. Keine Klingen. Danach gibt’s Lotion. Und eine Saftbox (Verpackung aus 100% recycelbarem Material, mit Einfwegpfand).

„Das ist keine Strafe“, sagen die Betreuer*innen. „Das ist nur zum Schutz. Für uns alle.“

Und die Einhörner nicken. Weil sie gute, brave Einhörner sind. Vor allem Juniper.

Juniper ist genau so, wie man sich ein Softlight-Einhorn vorstellt: achtsam, höflich, angepasst. Junipers Horn wächst nie über einen kleinen Stummel hinaus – und sobald es das tut, meldet Juniper es. Der Pony liegt stets perfekt über der Stirn. Bei der Gruppentherapie summt Juniper mit, und am Ende der Gefühlskreise wird mitgeklatscht. Juniper glaubt an Freundlichkeit. An Sicherheit. An Regeln.

Bis Lucien kommt.

Lucien ist… anders.

Er unterschreibt den Harmonie-Vertrag nicht. Er bürstet seine Mähne nicht. Und als sein Horn beginnt durchzubrechen – ein schimmernder Wirbel aus Trotz – sagt er nichts.

Flüstern geht rum. Die Betreuer*innen beraten im Stillen. Lucien bekommt „Intensivierte Reflexionssitzungen“. Er beschwert sich nicht. Er erklärt sich nicht. Aber er senkt auch nie den Kopf.

Eines Morgens findet Juniper Lucien allein im Hof. Kopf nach hinten gelegt. Dem Sonnenlicht entgegen. Als würde er es herausfordern, ihn zu blenden.

„Hast du keine Angst?“, flüstert Juniper.

Lucien sieht nicht hin. „Wovor denn?“

Juniper weiß keine Antwort. Darüber wurde nie gesprochen. Angst war wie Luft. Alle atmeten sie – gemeinsam. Höflich.

Juniper setzt sich neben ihn. Schweigend.

Am nächsten Tag ist Lucien verschwunden. Keine Erklärung. Sein Name vom Anschlagbrett gelöscht. Seine Ecke leer. Das Kuscheltier – ordentlich zusammengefaltet, unberührt.

Am Nachmittag beginnt Junipers Horn wieder zu wachsen.

Juniper sagt nichts.

Hört auf, den Pony zu kämmen. Lässt eine Feilsitzung ausfallen. Dann noch eine. Blicke folgen Juniper. Geflüster. Eine Betreuerin reicht behutsam ein geblümtes Stirnband. „Nur bis wir dich wieder einplanen können. Du kannst ja nichts dafür.“

Juniper bedankt sich – nimmt das Stirnband aber nicht an.

Am Dienstag wird Juniper zur Kalibrierung gerufen.

Der Raum ist sanft. Weiß. Die Feile ruht auf einem Samtkissen.

Juniper steht in der Tür.

Die Betreuerin lächelt. „Wann immer du bereit bist.“

Juniper bleibt stehen.

Das Lächeln der Betreuerin zittert leicht. „Wir wissen, dass das keine leichte Zeit ist. Aber du kennst das Protokoll.“

Juniper macht einen Schritt nach vorn. Nicht zum Kissen. Einfach nur… nach vorn.

Juniper hebt den Kopf.

Das Horn ist klein. Kaum sichtbar. Aber sichtbar. Ehrlich.

Unverstellt.

„Warum versteckst du es nicht?“, flüstert die Betreuerin. Ihre Augen zucken zu den Ecken, zur Kamera an der Decke, die still blinkt.

Juniper atmet ein.

„Weil es zu mir gehört“, sagt Juniper ruhig.

Dann dreht Juniper sich um.

Und geht.

Niemand hält Juniper auf.


Warum es (bei uns) keine Einhörner gibt

Weil Gefühle weh tun können – und Hörner erst recht


Worum geht’s hier eigentlich?

Klar, du kannst das Ganze einfach als schräge kleine Einhorngeschichte lesen – aber eigentlich geht es um mehr: Um den Umgang mit dem, was anders ist. Was aus der Reihe tanzt. Was nicht ins System passt.

Wir leben in einer Welt, in der Sicherheit und Kontrolle oft über Freiheit und Individualität gestellt werden. In dem Versuch, alles glatt und ungefährlich zu machen, ersticken wir manchmal das Wilde, das Schöne, das Echte. Dabei braucht Schönheit – und Freiheit, und Kunst – ein bisschen Risiko. Manchmal sind es gerade die scharfen Kanten, die etwas kostbar machen.

Was meinst du – worum geht es dir bei dieser Geschichte? Erziähl es uns in den Kommentaren auf unserem Instagram post!

💜
~ Weirdolight

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